Kokain
Kokain wurde 1884 von Sigmund Freud als Mittel gegen Depressionen und Angstzustände empfohlen und in jahrelangen Selbstversuchen erprobt, später aber als sehr gefährlich erkannt. Kokain ist eine natürliche Substanz aus den Blättern des Cocastrauches, die in der Drogenszene „Koks“ oder „Schnee“ genannt wird.Kokain drängt die Neurotransmitter Noradrenalin, Dopamin und Serotonin aus den synaptischen Endknöpfen der Nervenendigungen im Gehirn und bewirkt durch deren Anstieg in den entsprechenden Synapsen eine künstliche Hochstimmung und Munterkeit. Gleichzeitig wird durch die Wiederaufnahmehemmung von Noradrenalin, Dopamin und Serotonin in die präsynaptische Nervenendigung eine längere Wirkdauer der Reizleitung ermöglicht. Die entscheidenden verhaltensverstärkenden und psychostimulierenden Wirkungen von Kokain beruhen auf seiner Einwirkung auf die mesolimbischen dopaminergen Nervenendigungen (lokalisiert im medialen präfrontalen Kortex, Nucleus accumbens, Amygdala-Komplex und Hippocampus).Die Verstärkung der Dopaminaktivität kann schizophrenieartige Psychosen auslösen oder verschlimmern. Serotonin ist auch an den Wirkungen von Kokain beteiligt (ein Serotoninmangel steigert die Wirksamkeit von Kokain als positivem Verstärker).
Kokain hat die stärkste Wirkung aller Stimulanzien. Wegen der kurzen Eliminationshalbwertszeit (30-90 Minuten) ist eine häufige Einnahme erforderlich, um „high“ zu bleiben. Kokain findet gegenwärtig zunehmende Verbreitung. Es wird anfangs oft als Mittel zur Steigerung der Leistungsfähigkeit eingesetzt.Kokain hat drei zentrale pharmakologische Wirkungen:
Lokalanästhetikum, Verengung der Blutgefäße, starkes Psychostimulans mit ausgeprägten Verstärkungseigenschaften.Kokain aktiviert über den Noradrenalinanstieg in den Synapsen das sympathische Nervensystem mit allen Folgen: gesteigerte Aufmerksamkeit, motorische Hyperaktivität, Anstieg der Pulsfrequenz, Gefäßverengung, Blutdruckerhöhung, Erweiterung der Bronchien und Bronchiolen, Anstieg der Körpertemperatur, Pupillenerweiterung, erhöhte Glukoseverfügbarkeit und Verlagerung der Durchblutung von den inneren Organen zu den Muskeln.
Kokainkonsumenten befinden sich in folgendem Dilemma
- Appetit, Schlaf und Müdigkeit werden unterdrückt, kehren später aber verstärkt zurück.
- Die motorische Aktivität wird erhöht, was sich bald in Erregtheit, Unruhe und Bewegungsdrang äußert.
- Bewusstseinsklarheit und geistige Präsenz nehmen wunschgemäß zu, gehen später jedoch in Erschöpfung über.
- Es kommt zur erwünschten sofortigen und intensiven Euphorie und gesteigerten Selbstsicherheit, später jedoch zu einem ausgeprägten Angstzustand, der mehrere Stunden hält, zusätzlich treten noch Depressionen und im Extremfall Wahnvorstellungen auf. Das Bedürfnis nach Wiederherstellung der Euphorie führt rasch zur psychischen Abhängigkeit.
Chronischer Kokainkonsum im Sinne einer psychischen Abhängigkeit führt zu Angst, Depression, Verfolgungsideen, aggressiven Verhaltensweisen und Gewichtsverlust.
Ein Kokainentzug nach Absetzen oder Reduktion der Substanz bewirkt eine dysphorische (depressive) Verstimmung sowie mindestens zwei der folgenden physiologischen Veränderungen: Müdigkeit, psychomotorische Unruhe oder Verlangsamung, lebhafte und unangenehme Träume, Schlaflosigkeit oder übermäßiges Schlafbedürfnis, gesteigerter Appetit. Eine körperliche Abhängigkeit mit Entzugssymptomen tritt dagegen nicht auf.
Eine Kokainintoxikation zeigt sich nach dem DSM-IV in folgenden Symptomen:
- Unangepasste verhaltensbezogene oder psychische Veränderungen: Euphorie oder affektive Verflachung, Angst, Anspannung oder Ärger, Hypervigilanz, Veränderungen im Sozialverhalten, beeinträchtigtes Urteilsvermögen oder Beeinträchtigungen im sozialen oder beruflichen Bereich. Es können auch Wahrnehmungsstörungen (Halluzinationen) auftreten.
- Mindestens zwei körperliche Symptome: Tachykardie oder Bradykardie, erhöhter oder erniedrigter Blutdruck, Schwitzen oder Schüttelfrost, Übelkeit oder Erbrechen, Gewichtsverlust, Pupillenerweiterung, psychomotorische Agitiertheit oder Verlangsamung, Muskelschwäche, flache Atmung, Brustschmerzen, Herzrhythmusstörungen, Verwirrung, Anfälle, Dystonie, Dyskinesien.
Cannabis
Cannabis ist die weltweit am häufigsten konsumierte illegale Substanz. Cannabis wird aus den weiblichen Hanfpflanzen gewonnen, und zwar als Marihuana (Gemisch aus getrockneten Blättern, Stielen und Blüten) und Haschisch (aus dem stärker wirksamen Harz der Hanfpflanze).
Der Wirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol) aktiviert die dopaminergen Neurone und bewirkt einen massiven Anstieg des Serotoninspiegels im Gehirn. Serotonin hat eine Funktion bei der Reizübermittlung im limbischen System und im retikulären System und beeinflusst damit Emotionen, Wahrnehmung und Aufmerksamkeit.
Die gleichzeitige Dämpfung und Erregung verschiedener Bereiche des Gehirns führt zu Stimmungsschwankungen und emotionaler Labilität (unmotivierter Wechsel von Heiterkeit und tiefer Traurigkeit). Es erfolgt eine Verstärkung der vorhandenen Stimmungslage. Die Serotoninwirkung bewirkt u.a. eine Verengung der peripheren Blutgefäße (kalte Hände und Füße) und eine Erhöhung der Pulsfrequenz um 20-30 Schläge pro Minute. Bei einem Drittel der Cannabiskonsumenten treten leichte Formen von Angst, Depression oder Reizbarkeit auf. Bei hohen Dosen können „Horrortrips“ einsetzen. Diese können ähnlich wie halluzinogeninduzierte „bad trips“ in Erscheinung treten: als leichte bis mäßige Angstzustände, als schwere Angstzustände im Ausmaß einer Panikattacke, als paranoide Ideen und Halluzinationen.Bei psychischer Abhängigkeit bewirkt das Absetzen der Substanz psychische Entzugssymptome: Angst, Unruhe, Reizbarkeit, Schlafstörungen und vegetative Störungen. Eine Cannabisintoxikation weist folgende Symptome auf:Unangepasste verhaltensbezogene oder psychische Veränderungen: zuerst Euphorie (erwünscht), dann Angst, sozialer Rückzug, Beeinträchtigung der motorischen Koordination, beeinträchtigtes Urteilsvermögen.
Mindestens zwei körperliche Symptome: Herzrasen, Mundtrockenheit, gesteigerter Appetit, Sichtbarwerden von Gefäßen beim Auge.
Halluzinogene
Die inhomogene Gruppe der Halluzinogene umfasst natürliche oder chemische Stoffe, die für eine bestimmte Zeit das Bewusstsein und die Stimmungslage verändern und schizophrenieähnliche Zustände bewirken. Das bekannteste Halluzinogen ist LSD (Lysergsäurediethylamid), ein Wirkstoff des Mutterkorns, ein Pilz, der auf Getreideähren wächst, gefolgt von Mescalin und Psilocybin. Designerdrogen (z.B. Ecstasy) bestehen aus unterschiedlichen Mischungen von Halluzinogenen und Amphetaminen.
Eine Halluzinogenintoxikation weist folgende Symptome auf:
- Unangepasste verhaltensbezogene oder psychische Veränderungen: deutliche Angst oder Depression, Beziehungsideen, Furcht, den Verstand zu verlieren, paranoide Vorstellungen, beeinträchtigte Urteilsfähigkeit, beeinträchtigte soziale bzw. berufliche Funktionsfähigkeit.
- Wahrnehmungsveränderungen: Wahrnehmungsintensivierung, Depersonalisation, Derealisation, Illusionen, Halluzinationen, Synästhesien (Miterregung eines Sinnesorgans bei Reizung eines anderen, z.B. Farbensehen bei Tönen).
Mindestens zwei körperliche Symptome (als Folge der stimulierenden Wirkung): Herzrasen, Herzstolpern, Schwitzen, Verschwommensehen, Zittern, Koordinationsstörungen, rascher Wechsel der Pupillenweite (Mydriasis).
Chronischer Halluzinogenkonsum bewirkt oft folgende Angstzustände:
- Horrortrips: massive akute Angstanfälle mit paranoid-halluzinatorischer Färbung,
Flash-back-Phänomene: ohne neuerliche Drogeneinnahme erfolgt unerwartet eine neuerliche Rauschwirkung, begleitet von intensiver Angst und Desorientierung.
Opiatentzug
Opiatbedingte Angstzustände sind im DSM-IV nicht als substanzbedingte Angststörungen codierbar, weil sie nicht durch die Substanz als solche, sondern erst durch deren Entzug auftreten. Unter den zahlreichen recht belastenden und schmerzvollen Symptomen eines Opiatentzugs (z.B. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schwitzen, Fieber, Muskelschmerzen, Gänsehaut, Tränenfluss, Schlaflosigkeit, dysphorische Verstimmung) finden sich auch regelmäßig Angst und Unruhe.
Angstzustände gehören nicht nur zu den ersten Entzugssymptomen, sondern treten auch im Rahmen der weniger akuten, über Wochen und Monate anhaltenden Entzugssymptome auf, oft in Verbindung mit dysphorisch-depressiver Verstimmung, Freudlosigkeit und Schlafstörung. Angst und Unruhe treten in ähnlicher Weise auf wie bei einem Entzug von Alkohol, Sedativa, Hypnotika und Anxiolytika.