- Atmung beobachten. Legen Sie Ihre rechte Hand nacheinander auf verschiedene Körperpartien, um die Atembewegung zu spüren: Schlüsselbein – Achselhöhle – Brustbein – seitlicher Brustkorb – Bauchdecke – Leistenbeuge. Wo ist viel, wo ist wenig Bewegung? Wenn sich Ihr Brustkorb mehr hebt als Ihre Bauchdecke, benötigen Sie ein Atemtraining.
- Atemstrom spüren. Verfolgen Sie beim Einatmen den Atemstrom, wie dieser durch die Nase über den Rachenraum und die Luftröhre bis in den unteren Teil der Lunge gelangt. Spüren Sie, wie sich die Lunge beim Atmen ganz von alleine füllt und sich beim Ausatmen durch die Nase oder durch den Mund wieder leert.
- Kerzenflamme ausblasen. Stellen Sie eine Kerze einen Meter entfernt vor Ihnen auf und versuchen Sie, die Kerzenflamme auszublasen. Gelingt Ihnen dies nicht beim ersten oder zweiten Mal, sollten Sie unbedingt ein Atemtraining durchführen.
- Kerzenflamme bewegen. Atmen Sie durch die Nase ein und bei leicht geschlossenen Lippen aus (Lippenbremse). Stellen Sie sich beim Ausatmen vor, möglichst lange eine 20 cm entfernte Kerzenflamme in Bewegung zu versetzen.
- Suppe kühlen. Atmen Sie durch die Nase ein und durch die wie zum Pfeifen gespitzten Lippen aus, mit der Vorstellung, möglichst lange einen Löffel heißer Suppe blasend zu kühlen. Sie können imaginativ auch ein Fenster im Winter anhauchen oder durch einen Strohhalm in ein Wasserglas ausatmen, sodass Luftbläschen im Wasser aufsteigen.
- Ausatmend zählen. Atmen Sie durch die Nase ein und zählen Sie beim Ausatmen im Rhythmus des Herzschlags bzw. jede Sekunde eine Zahl. Bis zu welcher Zahl kommen Sie?
- Ausatmungslänge in Sekunden ermitteln. Stellen Sie eine Uhr mit Sekundenfunktion vor sich auf und achten Sie auf eine möglichst lange Ausatmungsphase. Wie viele Sekunden maximal dauert Ihre Ausatmung? Versuchen Sie durch etwas Übung die erreichte Sekundenzahl zu erhöhen. Atmen Sie anschließend bei geschlossenem Mund durch die Nase ein.
Atempause zählend durchhalten. Warten Sie nach dem Ausatmen ab, was geschieht. Zählen Sie dabei, bis die Einatmung von selbst wieder einsetzt. - Doppelte Ausatmungslänge. Atmen Sie doppelt so lang aus als ein. Zählen Sie beim Einatmen innerlich 1-2 und beim Ausatmen 1-2-3-4, beim Gehen zusätzlich in Verbindung mit den Schritten (d.h. „1-2 ein“, „1-2-3-4 aus“). Diese Übung ist hilfreich für Agoraphobiker.
- Dreifache Ausatmungslänge. Atmen Sie 3 mal so lang aus als ein. Zählen Sie beim Einatmen innerlich 1-2-3 und beim Ausatmen 1-2-3-4-5-6-7-8-9 (dies ergibt rund 5 Atemzüge pro Minute, was sehr beruhigend wirkt).
- Sinken lassen (Schwerkraft spüren). Lassen Sie sich im Liegen auf die Unterlage sinken. Stellen Sie sich dabei vor, Sie würden langsam in Ihr Bett, in eine Schaum-gummimatte oder in weichen Sand am Strand einsinken und einen Abdruck hinterlassen. Bei jedem Ausatmen spüren Sie, wie die Schwerkraft Sie nach unten zieht und Ihr Körper schwerer und entspannter wird. Spüren Sie, welche Stellen Ihres Körpers besonders gut auf der Unterlage aufliegen, und welche Stellen bei mehr Entspannung ebenfalls noch besser auf der Unterlage aufliegen könnten. Sagen Sie sich: „Ich lasse mich jetzt ganz fallen, mit jeder Ausatmung immer mehr.“ Spüren Sie, wie beim Ausatmen die Spannung aus Ihrem Körper in die Unterlage fließt und die Muskeln Ihres Körpers ganz entspannt werden.
- Bauch wie einen Ballon aufblasen. Stellen Sie sich beim Einatmen vor, die Luft von unten anzusaugen und Ihren Bauch wie einen Ballon aufzublasen, atmen Sie dann nach unten hin aus mit der Vorstellung, dass Ihr Bauch wieder kleiner wird.
- Hände auf Bauch und Brust legen. Legen Sie Ihre rechte Hand auf den Bauch unterhalb des Nabels und Ihre linke Hand auf die Brust (Linkshänder umgekehrt). Bei richtiger Zwerchfellatmung hebt und senkt sich fast nur die rechte Hand auf der Bauchdecke, während die linke Hand (fast) ruhig auf der Brust liegen bleibt. Bei richtiger Zwerchfellatmung weitet sich bei der Einatmung auch die Taille, bei der Ausatmung verengt sie sich wieder, wie Sie durch seitliches Händeauflegen feststellen können.
- Beide Hände auf den Bauch legen. Legen Sie beide Hände auf den Unterbauch und beobachten Sie, wie sich diese beim Einatmen heben und beim Ausatmen senken (Einschnüffeln eines angenehmen Dufts erleichtert die Bauchatmung). Die Hände auf der Bauchdecke fördern die Konzentration auf die Bauchatmung und bewirken ein Wärmegefühl (zusätzlich warm in den Bauch hineinatmen).
- Druck auf die Bauchdecke beim Ausatmen. Legen Sie beide Hände auf den Unterbauch (knapp unterhalb des Nabels) und drücken Sie die Bauchdecke beim Ausatmen sanft hinein, sodass Sie beim Einatmen durch die Nase den Gegendruck Ihrer Hände überwinden müssen, um die Bauchdecke heben zu können.
- Partner drückt auf die Bauchdecke beim Ausatmen. Wenn Ihnen die letzte Übung schwer fällt, ersuchen Sie Ihren Partner oder einen Bekannten, mit seiner Hand Ihre Bauchdecke beim Ausatmen langsam, jedoch relativ fest hineinzudrücken, sodass Sie beim Einatmen einen stärkeren Gegendruck ausüben müssen, um die Bauchdecke heben zu können.
- Gegenstand auf die Bauchdecke legen. Legen Sie im Liegen eine Wärmeflasche (Wärme entspannt), einen 3 kg schweren Sack oder ein Buch auf Ihre Bauchdecke und bewegen Sie diesen Gegenstand durch die Bauchatmung auf und ab. Bei Problemen spannen Sie zuerst Ihre Bauchmuskulatur willkürlich an, um Ihren Unterbauch besser spüren zu lernen. Bei richtiger Zwerchfellatmung erfolgt dann jedoch kein Einsatz der Bauchmuskeln.
- Geruch einatmen. Stellen Sie sich intensiv einen angenehmen Geruch vor: Wald-, Berg-, Meeres- oder Frischluft, Blumenduft (z.B. Rose), Parfum, Inhalationsmittel, ätherisches Öl (z.B. Neroli, Minze), Gewürzkraut oder Räucherstäbchen. Atmen Sie diesen Duft durch die Nase ein und ziehen Sie ihn hoch (d.h. „schnüffeln“ Sie diesen ein) und atmen Sie dann durch die Lippenbremse aus. Konditionieren Sie sich auf einen bestimmten entspannenden und beruhigenden Geruch, den Sie sich dann in jeder Angstsituation vergegenwärtigen. Anfangs können Sie vielleicht ein Duftfläschchen bei sich tragen und bei Bedarf daran riechen. Die Konzentration auf einen angenehmen Duft lenkt von der im Rahmen des Atemtrainings vielleicht erfolgten übermäßigen Fixierung auf die richtige (Bauch-)Atmung ab.
- Rückenatmung. Legen Sie Ihre rechte Hand auf die Bauchdecke und Ihre linke Hand in den Rücken. Versuchen Sie die Einatemluft in den unteren Rücken zu dirigieren, sodass sich dieser etwas weitet, und atmen Sie dann entspannt aus.
Schaukel. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen auf einer Schaukel oder in einem Schaukelstuhl und atmen bei der Vorwärtsbewegung aus und bei der Rückwärtsbewegung ein. - Schaukelndes Boot. Stellen Sie sich vor, Sie liegen in einem kleinen Boot auf einem See mit leichtem Wellengang und beobachten Sie, wie sich Ihre Bauchdecke beim Einatmen mit der Welle hebt und beim Ausatmen mit der Welle senkt.
Atem als Welle. Lassen Sie den Atem beim Einatmen wie eine Welle von unten nach oben „schwingen“ und beim Ausatmen von oben nach unten gehen. - Atmung im Rhythmus der Meereswellen. Stellen Sie sich vor, Sie liegen wohlig entspannt am Ufer des Meeres. Beim Heranströmen und Hochspülen des Wassers am Ufer atmen Sie ein, wobei sich Ihre Bauchdecke hebt, beim Zurückfließen des Wassers atmen Sie aus, wobei sich Ihre Bauchdecke senkt. Denken Sie dabei an angenehme Urlaubserfahrungen.
Atmen durch das Atemloch. Stellen Sie sich vor, dass die Luft bei der Einatmung durch das so genannte Atemloch in die Beckenschale hineinströmt und bei der Ausatmung wieder aus ihr hinausströmt. Das „Atemloch“ bezeichnet den Akupunkturpunkt „Hui-Yin“ auf der Mitte des Dammes zwischen After und Geschlechtsorgan. Der Unterleib wird dabei gut durchblutet. - Imaginative Einatmung durch den Unterleib bzw. (bei Frauen) durch die Scheide. Frauen können sich vorstellen, durch die Scheide einzuatmen, d.h. den Luftstrom von unten anzusaugen, während sich die Bauchdecke mühelos hebt, und durch den Körper bis zur Nase hinaufzuziehen und anschließend den Atemstrom wieder abwärts durch die Scheide hindurch auszuatmen. Diese Übung bewährt sich insbesondere bei Unterleibsproblemen im allgemeinen und bei sexuellen Problemen im besonderen.
- Energie einatmen. Stellen Sie sich vor, beim Einatmen Kraft und Energie einzuatmen (Sauerstoff) und beim Ausatmen alles Verbrauchte, Belastende und Ängstigende auszuatmen (Kohlendioxid oder Schlacken, biochemisch gesehen). Formelhafte Vorsatzbildungen in Verbindung mit der Atmung sind hilfreich („Mit jedem Atemzug gewinne ich mehr Energie und Selbstvertrauen“, „Mit jedem Mal Ausatmen gebe ich etwas Angst, Anspannung, Schmerz usw. ab“).
Erhobene Arme. Heben Sie beide Arme hinter Ihrem Kopf in die Höhe oder verschränken Sie die Hände hinter Ihrem Kopf und atmen Sie in dieser Haltung ein und aus. Die Brustmuskulatur wird dadurch gestreckt, sodass Sie nicht mit dem Brustkorb atmen können und die Zwerchfellatmung leichter erlernen. - Erden. Stellen Sie sich locker so hin, dass die Füße etwas auseinander und flach und sicher auf dem Boden stehen. Die Beine sind dabei nicht steif durchgestreckt, sondern minimal geknickt und dadurch leicht federnd (wie beim Schifahren). Spüren Sie die Schwerkraft der Erde, indem Sie beim Ausatmen erleben, wie das Gewicht Ihres Körpers über die Füße auf den Boden drückt. Ihre Füße sind fest auf dem Boden verankert, sie gleichen den Wurzeln eines Baumes, die bei allen Stürmen sicheren Halt geben. Stellen Sie sich mit geschlossenen Augen vor, beim Einatmen Kraft und Energie aus der Erde aufzunehmen, und erleben Sie dabei die tragende Kraft der Erde. Diese Übung ist sehr hilfreich bei Schwindelgefühlen und Ohnmachtsängsten, wie sie oft im Rahmen einer Agoraphobie vorkommen.
- Tiefenatmung bewirkt ein Sich-Spüren. Spüren Sie beim Atmen Ihren momentanen körperlichen Zustand. Wenn Sie langsam tief ein- und ausatmen, können Sie eventuell nicht geahnte Gefühle provozieren, z.B. können Ihnen beim entspannten Ausatmen Tränen in die Augen kommen als Zeichen des Loslassens. Wenn Sie dagegen Ihre Gefühle bzw. Schmerzzustände unterdrücken, werden Sie auch tiefes Atmen unterdrücken. Viele Menschen haben sich wegen Schmerzen im Unterleib eine falsche Atmung angewöhnt.
- Warmer Unterleib. Schicken Sie beim Ausatmen im Sitzen oder Liegen Ihren Atem warm in den Unterleib. Spüren Sie, wie Ihr Unterleib warm wird, und genießen Sie die Entspannung. Sie fühlen, wie mit dem Atem Kraft und Energie in den Unterleib strömen. Sie atmen ruhig ein und aus und denken „Ich lasse ganz los“.
- Warmer Bauch. Stellen Sie sich beim Ausatmen vor, eine warme Flüssigkeit (Tee, Suppe usw.) aufzunehmen und verfolgen Sie den Weg bis in den Magen. Spüren Sie, wie diese Flüssigkeit Ihren Magen erwärmt. Vergegenwärtigen Sie sich eine konkrete Erfahrung oder trinken Sie einen warmen Tee und prägen Sie sich diese Erfahrung ein. Vom Magen strömt die Wärme weiter in Ihren Unterleib und in Ihr Becken und breitet sich wohltuend aus bis in Ihre Geschlechtsorgane. Diese Übung ist oft recht hilfreich bei Magen- und Darmproblemen sowie bei sexuellen Ängsten und Verspannungen.
- Vokalatmung. Singen Sie laut und langgezogen Töne auf der Basis der Vokale A-E-I-O-U. Die Vokalatmung fördert optimales Ausatmen. Vokale sind Klangträger, bei denen die Luft am strömungsfreiesten abgegeben wird, sodass eine Kerze im Abstand von einem halben Meter während des Tönens nicht flattern dürfte, wenn es einwandfrei gelingt. Beim Tönen der Vokale bleibt die Zunge locker, während bei den meisten Mitlauten das Ansatzrohr durch Zungenbewegungen verengt wird.
- Mit einem Ton ausatmen. Atmen Sie langsam und lang mit einem bestimmten Ton aus, am besten mit „UU“ oder „OOUUMMOOUUMM“ (ein bekanntes Mantra), weil ein tiefer Ton seine Schwingungen mehr im Unterleib entfaltet und der Vokal „U“ beruhigend wirkt. Schließen Sie dabei die Augen und genießen Sie die Erfahrung einer derartigen Ausatmung.
Konsonanten-Atmung. Verwenden Sie die Ausatmung auf Konsonantenbasis (mit „M“, „N“, „S“, „SCH“, „FF“, „PF“, „T“ usw.), wenn Sie den Körper durch Vibrieren zur Entspannung bringen möchten bzw. wenn Sie Druck ablassen möchten.
Gesichtsschlottern auf „U-U-U“. Beugen Sie sich im Sitzen oder Stehen leicht vor und schütteln Sie Ihre Gesichtsmuskulatur locker schlotternd auf „U-U-U“ aus. Der Ton soll aus dem Unterleib kommen, während alle Muskeln gelockert sind.
Luft herauspusten. Blasen Sie Ihre Backen auf, pusten Sie die Luft mit „PFF“ aus. - Lieblingslied. Singen, summen oder pfeifen Sie Ihr Lieblingslied. Der Rhythmus des Liedes normalisiert Ihre Atmung und verhindert die Hyperventilation. Singen und Sprechen ist Ausatmen. Beides ist bei starker Anspannung beeinträchtigt.
Keuchen. „Keuchen“ Sie beim Ausatmen den Atem in kleinen Stößen heraus, bis sich Ihre Lunge leer anfühlt. Sie keuchen ähnlich einer Lokomotive, die ihren Dampf in kurzen Abständen ablässt. Stoßweises Ausatmen ist die Ausatmungsform beim Joggen. - Seufzen und Stöhnen. Lernen Sie entspannendes Stöhnen. Stellen Sie sich locker in leichter Grätsche hin und lassen Sie Ihre Arme entspannt seitlich am Körper hängen. Atmen Sie durch die Nase ein und stöhnen Sie beim Ausatmen, indem Sie Ihren Oberkörper locker vornüber hängen lassen. Stöhnen Sie alles weg, was Sie hemmt, belastet, blockiert.
Durch ein Nasenloch atmen (Nasenenge). Verschließen Sie beim Sitzen oder Liegen mit dem rechten Zeigefinger das rechte Nasenloch, atmen Sie langsam durch das linke Nasenloch ein, verschließen Sie nach der Einatmung mit dem linken Zeigefinger das linke Nasenloch und atmen Sie durch das rechte Nasenloch aus. Atmen Sie anschließend in derselben Weise durch das rechte Nasenloch ein und durch das linke Nasenloch aus. Die Nasenenge öffnet Ihre Bronchien und regt Ihr Zwerchfell zu kräftigerer Arbeit an. Wiederholen Sie mehrfach diesen Wechsel (links einatmen, rechts ausatmen und rechts einatmen, links ausatmen).
Menschen mit Angststörungen, die an weiteren Atemübungen interessiert sind, ist das Taschenbuch „Atme richtig“ von Hiltrud Lodes sehr zu empfehlen, aus dem viele der angeführten Übungen in teilweise modifizierter Weise übernommen wurden. Das Literaturverzeichnis enthält einige weitere Bücher über Atemtechniken, die von mir verwendet wurden und für einen größeren Leserkreis empfehlenswert sind.
Ähnliche Atemtechniken finden sich auch in Atemtherapie-Büchern für Asthmatiker. Asthma stellt eine Blockierung der Ausatmung durch Verschleimung oder Verkrampfung der Bronchiolen dar, sodass bei noch nicht vollständiger Ausatmung aus Angst vor dem Ersticken eine willentliche Einatmung erfolgt. Tatsächlich jedoch sollte die Atemblockade durch eine Forcierung der Ausatmung durchbrochen werden, was Asthmatiker in Atemschulungen durch Physiotherapeuten lernen können.