Das Powerprogramm gegen Agoraphobie

Die zehn wichtigsten Selbstinstruktionen im Umgang mit Angst machenden Situationen

  1. Meine Angstgefühle und die dabei auftretenden körperlichen Symptome sind
    verstärkte normale Stressreaktionen.
  2. Ich bin und bleibe körperlich gesund trotz der Angstreaktionen.
  3. Ich schwäche meine Angstreaktionen, wenn ich an etwas anderes denke.
  4. Ich bleibe trotz Panikgefühlen in der Realität. Ich beobachte und beschreibe, was ich momentan wirklich erlebe.
  5. Ich warte in der Situation, bis die Angst vorübergeht.
  6. Ich beobachte, wann und wie die Angst von allein wieder abnimmt.
  7. Ich gebe mir eine Chance, einen Fortschritt zu machen und stelle mich jeder Angstsituation ohne Vermeidung.
  8. Ich führe jede Übung bis zum Abschluss durch.
  9. Ich kann stolz sein auf meine bisherigen Bemühungen und Erfolge, auch die kleinsten.
  10. Ich nehme mir Zeit für die Übungen.

Die folgenden Handlungsanleitungen ermöglichen Ihnen eine rasche Bewältigung von Agoraphobie

Konkrete Übungsziele stufenweise erreichen – so wächst langsam das Selbstvertrauen

Legen Sie klare und konkrete Übungsziele auf einer Liste fest und ordnen Sie diese der Schwierigkeit nach. Die Beschreibungen müssen so exakt sein, dass bei den Übungen Missverständnisse ausgeschlossen sind (z.B. 30 Minuten lang in einem Supermarkt umhergehen, gleichgültig wie es Ihnen dabei geht). Gehen Sie schrittweise vor. Beginnen Sie mit den leichtesten Übungen, wenn Sie sich
anfangs wenig zutrauen. Auf diese Weise sichern Sie sich Erfolgserlebnisse, die Ihnen Mut und Zuversicht für das weitere bungsprogramm geben. Stellen Sie sich im Laufe der Zeit immer schwierigeren Situationen, bis Sie auch diesen
erfolgreich begegnen können. Notieren Sie alle Konfrontationsübungen in Ihrem Angsttagebuch nach Zeit, Ort, Art und Dauer der Übung sowie Ihrem jeweiligen Befinden vor, während und nach der Konfrontation.

Übung macht den Meister – So werden Fortschritte gefestigt

Wiederholen Sie die einzelnen Übungen bis zu dreimal täglich (besuchen Sie z.B. mehrere große Geschäfte hintereinander), um Ihre Erfolge zu festigen und Ihr Selbstvertrauen zu stärken. Die wiederholte Erfahrung, dass Ihre Befürchtungen unbegründet sind, stärkt zunehmend Ihr Vertrauen zu sich und vermindert Ihre Erwartungsängste. Auf diese Weise beruhigt sich Ihr Nervensystem im Laufe der Zeit und wird nur mehr dann Alarm schlagen, wenn tatsächlich Gefahr droht. Rechnen Sie damit, dass Sie gute und schlechte Tage haben und Ihnen die Übungen einmal leichter und einmal schwerer fallen werden. Üben Sie in den nächsten
Wochen so oft wie möglich täglich mindestens 2-5 Stunden lang. Regelmäßiges Üben
schafft rasch neue Gewohnheiten, während gelegentliches Üben stets neue Aufregung verursacht. Je öfter Sie etwas tun, umso selbstverständlicher wird es für Sie. Lassen Sie sich am besten täglich auf eine Konfrontation mit der Angst ein, indem Sie sich in angstbesetzte Situationen begeben und so lange darin bleiben, bis Ihre Angst abnimmt oder überhaupt verschwindet. Wenn Sie einmal keine Fortschritte machen sollten, weil die Ziele zu hoch waren, wählen Sie Zwischenziele, um doch Erfolgserlebnisse zu haben. Viele Angstpatienten sehen die kleinen Fortschritte nicht, weil sie zu große Erwartungen haben. Loben Sie sich und belohnen Sie sich dafür, wenn Sie einen kleinen Schritt vorangekommen
sind. Schließlich ist das Erreichte für Sie nicht selbstverständlich.

Schwankungen sind normal – so überwindet man Tiefschläge

Üben Sie auch dann, wenn es Ihnen einmal nicht so gut geht, dann vielleicht etwas weniger lang. Führen Sie Ihr Trainingsprogramm unabhängig von Ihrer Befindlichkeit durch. Sie brauchen die Erfahrung, dass Sie Ihre Ängste auch dann bewältigen können, wenn diese nach vorübergehender Besserung in einem Stimmungstief wieder vermehrt auftreten sollten. Für Angstbewältigungsübungen müssen Sie nicht topfit sein. Rechnen Sie mit Rückschlägen, ohne dass Sie sich davor fürchten, und nutzen Sie diese als Chance, daraus etwas zu lernen. Die stärksten Rückschläge erfolgen oft in Zusammenhang mit einer Panikattacke. In
diesem Fall sollten Sie erkennen, dass eine gestufte Angstbewältigung allein unzureichend ist, weil Sie dabei nicht lernen, mit starken Ängsten im Ausmaß einer Panikattacke umzugehen.

Den Angstabfall abwarten – so verschwindet die Angst

Packen Sie den Stier bei den Hörnern: suchen Sie alle angstbesetzten Situationen auf und bleiben Sie so lange darin, bis Ihre Angst nachlässt! Was Ihnen jetzt als völlig unvorstellbar erscheint – eben dass Ihre Angst nachlässt, wird mit Sicherheit eintreten! Es ist typisch, dass Ihre körperlichen Symptome vorübergehend stärker werden, aber im Laufe der Zeit werden Sie sich daran gewöhnen und die Alarmierung Ihres Körpers wird ganz von allein abnehmen. Ihre
Angst bleibt nur dann bestehen, wenn Sie sich ständig gegen das Aufkommen der Angst wehren und infolgedessen Ihre Stresshormone aktivieren. Warten Sie in Angstsituationen ab, bis die körperlichen Angstsymptome von allein abnehmen. Sie brauchen oft nur 15, höchstens 30 Minuten durchzuhalten, bis die größte Angst
vorbei ist und Ihr Körper sich an die Situation gewöhnt hat, so dass Sie die verbleibende Anspannung ertragen können. Beobachten Sie, wie Ihre Angst von allein wieder abnimmt, wenn Sie aufhören, sich in Ihre Gedanken und Phantasien „Was wäre, wenn…“ weiter hineinzusteigern.

Keine Flucht aus Angstsituationen – so ist man stärker als die Angst

Stellen Sie sich allen Angstsituationen ohne auszuweichen. Denn Sie wissen ja schon: Angst lebt von der Vermeidung! Wenn Sie Angst machenden Situationen ausweichen, wird Ihre Angst verstärkt, Ihr Selbstvertrauen vermindert, Ihr Bewegungsspielraum eingeschränkt und Ihre Abhängigkeit von Menschen oder Medikamenten erhöht. Verlassen Sie eine Angst machende Situationen erst dann, wenn Ihre Angst auf ein erträgliches Ausmaß abgesunken ist. Verwenden Sie dazu ein subjektives „Angstthermometer“ mit einer Skala von 0-10, wobei 1-4 erträgliche, 5-8 schwer erträgliche und 9-10 fast unerträgliche Angst bedeutet. Für eine erfolgreiche Angstreduktion reicht es aus, wenn Ihre Angst von 7-8 auf 3-4 zurückgeht. Verzichten Sie auf jede reale und mentale Fluchtmöglichkeit und bestärken Sie sich darin immer wieder („Ich halte durch, was auch immer passiert!“), denn jeder Fluchtgedanke („Nichts wie weg!“) führt zu einer unnötigen körperlichen Aktivierung. Lernen Sie das Gefühl auszuhalten, vorübergehend „in der Falle“ zu sitzen, denn Gedanken an Flucht aktivieren zur Flucht und bewirken eine dauernde Anspannung.

Nach kurzer Auszeit wieder in die Angstsituation – so wird die Übung doch ein Erfolg

Entfernen Sie sich bei übermäßiger Angst nur ein kleines Stück vom angstbesetzten Ort. Vermeiden Sie jede Flucht und kehren Sie nach einer kurzen Erholungspause wieder in die Situation zurück, um auch diese Übung mit einem Erfolgserlebnis zu beenden. Wenn Sie aus Angst eine Situation verlassen haben,
führen Sie dieselbe Aufgabe möglichst noch am gleichen Tag erfolgreich durch. Auf diese Weise überwinden Sie rasch Ihre Misserfolgserlebnisse.

„Angstfrei“ ist anfangs unrealistisch – so kann man sich der Angst trotz Angst stellen

Beginnen Sie Ihr Angstbewältigungstraining nicht damit, dass Sie sich vornehmen, keine Angst mehr zu haben, sondern damit, dass Sie die Entscheidung treffen, sich allen Angst machenden Situationen zu stellen. Das ist ein sehr großer Unterschied. Und erkennen Sie: allein Ihre Bereitschaft, jede Angstvermeidung aufzugeben, ist schon der erste Schritt zur Angstüberwindung. Sagen Sie sich: „Ich bin bereit, mich auf meine Angst einzulassen und alle unangenehmen körperlichen Zustände auszuhalten.“ Es kommt beim Üben nur darauf an, Ihre Angst zu bewältigen – nicht keine Angst zu haben oder gar sie zu vermeiden. Lernen

Sie, mit Ihrer Angst umzugehen und nicht, sie zu umgehen. Verzichten Sie auf das unrealistische Ziel eines angstfreien Lebens und nehmen Sie sich vor, trotz Ihrer Ängste alles anzugehen, was Ihnen wichtig erscheint. „Angstfrei“ leben kann nur bedeuten, dass Sie mit den vorhandenen Ängsten gut zurechtkommen, weil Sie mutig genug sind, diese auszuhalten, damit sie nicht zu einer lebensbeeinträchtigenden Größe werden. Mit dieser Einstellung werden Sie eine angenehme Überraschung erleben: weil Sie nicht mehr so sehr gegen Ihre Ängste kämpfen, werden Sie vieles bald ohne Angst tun können. Was man nicht in den Mittelpunkt stellt, ist plötzlich verschwunden.

Mit der Angstwelle mitschwimmen – so erspart man sich unnötigen Stress

Bekämpfen Sie Ihre Angst nicht, weil dies nur unnötig viel Kraft kostet. Akzeptieren Sie diese und laufen Sie ihr nicht davon. Sagen Sie sich: „Da bist du ja wieder, meine Angst. Ich kenne dich schon gut und weiß, dass du mir nichts
anhaben kannst“. Eine Panikattacke ist wie eine Meereswelle, die einen überflutet. Es ist besser, mit der Welle mitzuschwimmen, als gegen sie anzuschwimmen. Wenn Sie Ihre Angst unterdrücken oder stoppen wollen anstatt sie zu akzeptieren und anzunehmen, bleiben Sie unnötig lange angespannt. Der ständige Kampf gegen die Angst kostet Sie enorm viel Kraft und führt zu chronischer Erschöpfung. Lassen Sie Ihre Angst zu wie Ihre Tränen in Phasen der Trauer. Wenn Ihre Angst bei einer Konfrontation mit den gefürchteten Situationen oder Objekten nach spätestens einer halben Stunde nicht abklingt, ist dies oft dadurch bedingt, dass Sie gegen das Auftreten einer Panikattacke ständig aktiv ankämpfen. Die Angst vor der Angst löst einen neuerlichen Adrenalinstoß aus.

Angst und Panik provozieren – so lässt sich die Erwartungsangst rascher überwinden

Schrittweises Üben führt kaum zu Panikattacken. Anstelle der Methode „Wasch’ mich, aber mach’ mich nicht nass“ können Sie auch direkt in das „kalte Wasser“ der Angst springen und eine massierte Konfrontation mit den gefürchteten
Situationen allein oder mit Hilfe einer vertrauten Person beginnen. Sie lernen dabei, Ihre stärksten Ängste zu provozieren und zu bewältigen. Ihre Konfrontationstherapie ist dann am wirksamsten, wenn Sie bewusst gerade jene
Situationen aufsuchen, die eine Panikattacke auslösen können. Ihr unerschrockenes Verhalten wird Ihnen bald zeigen, dass es gar nicht so leicht ist, eine Panikattacke zu provozieren, wenn Sie bereit sind, diese voll
zuzulassen. Handeln Sie nach folgenden weisen Sprüchen: „Tu das, wovor du dich fürchtest, und die Furcht stirbt einen sicheren Tod“; „Sieh der Angst ins Antlitz, und der Tod der Angst ist gewiss.“

Sich selbst vertrauen – so sind Hilfsmittel und Entspannungsübungen überflüssig

Setzen Sie während der Konfrontationsphase keine Entspannungsübungen ein, denn nur, wenn Sie immer wieder die Erfahrung machen, dass die körperlichen Symptome ungefährlich sind, lernt Ihr Angstzentrum im Gehirn, den falschen Alarm abzuschalten. Sie müssen ein gewisses erträgliches Ausmaß an Angst erleben, um Angst machende Situationen bewältigen zu lernen. Nehmen Sie vor den Übungen weder Beruhigungsmittel (Tranquilizer, Alkohol) noch Aufputschmittel (Cola, Kaffee) zu sich. Tragen Sie während Ihres Übungsprogramms keine Tabletten und auch kein Handy wie einen Talisman bei sich. Verlassen Sie sich von Beginn an einzig und alleine auf sich selbst. Nur dann können Sie sich alle erreichten Erfolge selbst zuschreiben und damit gehörig an Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein tanken. Bevor Sie jedoch eine für Sie bedeutsame Situation vermeiden, verlassen Sie sich lieber auf ein Sicherheitszeichen (z.B. Handy, Mitnahme von Tabletten ohne Einnahme), denn schlussendlich zählt der Erfolg. Je mehr Sie sich in Angst machenden Situationen auf sich selbst verlassen, umso schneller werden Sie Ihre Angst in den Griff bekommen. Setzen Sie vor Beginn des Angstbewältigungstrainings in Absprache mit Ihrem Arzt alle Beruhigungsmittel langsam „ausschleichend“ ab, falls Sie solche regelmäßig einnehmen.

Keine Horrorphantasien – so bleibt man im Hier-und-Jetzt

Steigern Sie sich nicht unnötig in Angstsituationen hinein durch Gedanken wie
„Gleich wird mir etwas passieren“, „Gleich falle ich um“, „Jetzt muss ich sterben“. Ihre Angst wird schneller zurückgehen, wenn Sie nicht ständig lebhafte Vorstellungsbilder entwickeln, was Ihnen alles passieren kann. Konzentrieren Sie
sich nur auf das, was um Sie herum und mit Ihrem Körper wirklich geschieht, und nicht auf das, was in Ihrer Vorstellung noch alles geschehen könnte. Bleiben Sie trotz Ihrer Angst- und Panikgefühle in der Realität, beobachten und beschreiben Sie innerlich haarscharf, was Sie momentan wirklich erleben. Halten Sie die Zuwendung auf Ihren Körper aufrecht, ohne aus Angst davor zu Ablenkungsstrategien zu greifen. Kommentieren Sie die auftretenden körperlichen Vorgänge etwa folgendermaßen: „Ich spüre, wie mein Herz schlägt, mein Blut in den Kopf steigt, mein Körper etwas zittert, ein flaues Gefühl im Magen entsteht, leichte Schwindelgefühle auftreten. Ich weiß, diese Zustände sind ganz normal, so lange ich mich fürchte. Sie werden erträglicher, wenn ich mich an die Angst
machende Situation gewöhnt habe.“

Hilfreiche Selbstgespräche – so ermutigt man sich selbst

Sie selbst sind Ihr stärkster, verlässlichster Partner. Treten Sie mit sich in einen inneren Dialog, führen Sie konstruktive Selbstgespräche und sagen Sie sich immer wieder: „Meine Angstgefühle und die damit verbundenen körperlichen Symptome sind nichts anderes als eine Übersteigerung der normalen Körperreaktionen bei großem Stress. Meine Angst alarmiert meinen Körper und bewirkt eine vermehrte Adrenalinausschüttung. Das ist aufgrund meiner großen Angst völlig normal und lässt nach 5-30 Minuten nach, wenn ich mich an die Situation gewöhnt habe. Schon nach einer Viertelstunde werden meine körperlichen
Symptome nachlassen. Meine Angst und deren körperliche Begleitreaktionen sind zwar unangenehm, jedoch nicht gefährlich oder gesundheitsschädigend. Es kann mir wirklich nichts passieren.“ Oder sagen Sie sich: „Meine Angst ist immer vor gefürchteten Situationen am größten. Wenn ich doch durchgehalten habe, ist es mir stets gut gegangen und ich habe mich darüber gefreut. Ich lasse mich auch jetzt nicht von meiner Angst vertreiben.“ Ein Tipp: schreiben Sie einige Schlüsselsätze auf einen Zettel oder eine Karteikarte und tragen Sie diese immer
bei sich!

Platzangst ist letztlich Angst vor sich selbst – so entsteht eine neue Sichtweise

Halten Sie sich vor Augen, dass Sie letztlich nicht bestimmte Situationen fürchten wie z.B. öffentliche Verkehrsmittel, geschlossene Räume oder Prüfungssituationen, sondern den Umstand, Sie könnten in diesen Situationen die
Kontrolle über Ihren Körper oder Ihren Verstand verlieren. Sagen Sie sich: „Ich habe Angst, die Kontrolle zu verlieren. Doch dies sind nur meine Gedanken und Gefühle. Tatsächlich wird nichts passieren. Wenn ich die Angst vor meinem Körper aushalte, dann halte ich auch die Angst vor allen anderen Dingen aus.“ Diese Selbstinstruktion erleichtert Ihnen das Durchhalten in Angstsituationen. Allerdings – „Gut Ding braucht Weile“: wenn Sie Gewohnheiten wie etwa ein chronisches Vermeidungsverhalten ändern wollen, brauchen Ihre Gefühle und körperlichen Zustände einige Zeit, Ihren geänderten Einstellungen zu folgen. Es ist daher ganz normal, dass Sie sich in bestimmten Situationen, aus denen Sie
früher angstvoll geflohen sind, eine Zeitlang noch etwas unwohl fühlen werden, weil Ihr Körper noch nicht zur Ruhe gekommen ist.

Positive Ziele verfolgen – so kämpft man für und nicht gegen etwas

Wir kämpfen letztlich immer für und nicht gegen etwas – so ist es auch bei Ängsten. Achten Sie von Beginn Ihres Angstbewältigungstrainings an darauf, dass Sie nicht nur gegen Ihre Ängste kämpfen, sondern auch für Ihre Freiheit, tun und
lassen zu können, was Sie wollen und was gut für Sie ist. Lernen Sie nicht nur unangenehme Situationen aushalten, die auch weniger ängstliche Menschen ungern erleben, sondern setzen Sie Aktivitäten, die Sie gerne nternehmen möchten. Das motiviert und setzt dem Angstbewältigungstraining eine positive Kraft gegenüber. Was haben Sie früher gerne getan? Malen Sie sich in der Phantasie möglichst plastisch aus, wie Sie all diese herrlichen Situationen wieder erleben können, nachdem Sie den „Angst-Aspekt“ erst einmal hinter sich gelassen haben.

Allein sein können ohne Symptome – so wird man unabhängiger von anderen Menschen

Manche Agoraphobiker sind auch ohne Symptome ungern allein und nur zusammen mit dem Partner oder Bekannten unterwegs. Trifft das auch auf Sie zu? Suchen Sie nach Aktivitäten, die Sie gerne ohne andere Menschen außerhalb Ihrer Wohnung unternehmen würden? Möchten Sie in Zukunft überhaupt mehr Dinge allein unternehmen? Haben Sie vor Ihrer Agoraphobie kleinere Reisen allein ünternommen? Ist es nicht normal, dass Ihre Angstbereitschaft sofort steigt, sobald Sie etwas
allein tun sollen, das Ihnen gar keinen Spaß macht? Sie werden Ihre lebenseinengenden Ängste nur dann dauerhaft überwinden können, wenn Sie wirklich bereit sind, verschiedene Dinge auch allein zu unternehmen und Freude daran
finden.

Nur im Notfall Atemtechniken verwenden – so kann man Krisen bewältigen

Wenn Ihre Angst in einer bestimmten Situation einmal fast unerträglich stark wird, können Sie eine bestimmte Atemtechnik einsetzen: atmen Sie bei geschlossenem Mund tief durch die Nase ein, wie wenn Sie Ihren Lieblingsgeruch
oder den Duft einer Blume einatmen, und atmen Sie anschließend durch den Mund bei leicht geschlossenen Lippen möglichst langsam aus, wie wenn Sie einen Löffel mit heißer Suppe kühlen würden. Nach dem Ausatmen können Sie den Atem noch etwas anhalten, bis der Einatmungsreflex von alleine einsetzt und Sie durch die Nase einatmen. Ihre Ausatmungsphase sollte zwei- bis dreimal so lang sein wie Ihre Einatmungsphase. Wenn Sie langsamer atmen, verlangsamt sich Ihr Herzschlag, entspannt sich Ihre Muskulatur und vermindert sich Ihr Stoffwechsel. Wenn Sie sich bei einer heftigen Panikattacke bewegen, können Sie die vorhandene Anspannung rascher abbauen. Schütteln Sie dabei Ihre Arme und Beine fest aus, während Sie ausatmen.

Angehörige als Helfer – so kann der Erfolg beschleunigt werden

Üben Sie schwierigere Situationen zuerst zusammen mit einem Angehörigen oder einer Vertrauensperson. Die Anwesenheit einer vertrauten Person garantiert nicht nur eine rasche Hilfestellung im Bedarfsfall, sondern bewirkt auch eine Ablenkung von der eigenen Person und den auftretenden Symptomen. Betrachten Sie jede aufgesuchte Situation jedoch erst dann als bewältigt, wenn Sie diese
wiederholt auch allein und ohne weitere Hilfsmittel durchstehen können.

Die Grenzen akzeptieren – zwei Schritte vorwärts, ein Schritt zurück

Eine Konfrontationstherapie wird oft als Wundermittel angesehen, seine lebenseinengenden Ängste für immer loszuwerden. Dies mag beim Großteil der Betroffenen tatsächlich der Fall sein, zumindest im Laufe der Zeit. Wenn dies auf Sie jedoch nicht zutrifft, lassen Sie sich nicht entmutigen, sondern gestehen Sie sich ein, dass Sie aufgrund verschiedener Umstände eine stärkere
Angstbereitschaft haben als andere Leute. Wer vielleicht eine Erschütterung des Urvertrauens erlebt hat, wird sich immer schwerer tun, sich auf neue Situationen einzulassen und Vertrauen in das Ungewisse und seine eigenen Fähigkeiten zu entwickeln als jemand, der im Leben das Glück hatte, von nichts und niemand enttäuscht zu werden und keine bösen Überraschungen zu erleben. Denken Sie daran, dass es bei Ihnen dann nicht primär darum geht, keine Angst zu haben, sondern wieder mehr Vertrauen zu sich und zur Umwelt zu finden. Angstbewältigungsübungen sind in diesem Sinn vertrauensbildende Maßnahmen.